Unterhalb von Influencer-Videos auf YouTube steht manchmal folgender Text: "Wenn ihr auf diesen Affiliate-Link klickt und die Produkte kauft, erhalte ich eine Provision, aber euch entstehen keine Mehrkosten." [1]
Das ist falsch. Alle Kosten eines Unternehmens, auch Werbung und Provisionen, müssen in den Preis der Produkte integriert werden. Es gibt keine andere Quelle als den Kunden. Die Kosten eines Franz Beckenbauers, der für O2 Werbung macht, müssen irgendwo in die Preise bei O2 integriert werden. Die Kosten für Pamela Reif, die Werbung für Puma macht, müssen irgendwo in die Preise bei Puma integriert werden. Die Kosten für Thomas Müller [2], der Werbung für die Therme Erding macht, müssen irgendwo in die Preise bei der Therme Erding integriert werden, z. B. werden die Ticketpreise höher oder die Currywurst mit Pommes wird teurer. Die Kosten für Thomas Gottschalk, der Werbung für Gummibärchen macht, müssen auf die Preise der Gummibärchen aufgeschlagen werden.
Kurz: Die Provision, die Pumala Reif, äh... Pamela Reif für Werbung erhält, z. B. von Puma oder von "setze x-beliebiges Unternehmen ein", muss irgendwo und irgendwie "hereingeholt" werden.
Hinweis: Es wäre theoretisch möglich, die Preise nicht zu erhöhen, sondern z. B. 10 Mitarbeiter zu entlassen, um durch die eingesparten Gehälter die Kosten für Werbung auszugleichen, aber dies ist ein Sonderfall, und welcher YouTuber würde wohl damit werben: "Wegen meiner Provision werden Leute entlassen."
Konkret für YouTube bedeutet das: Ein YouTuber, der z. B. Handwerker-Tutorials anbietet und man kann bei ihm auf einen Affiliate-Link zu Amazon klicken, der bekommt von Amazon eine kleine Provision (z. B. 10 Euro). Das sind aber Kosten für Amazon und daher werden diese Kosten auch in den Preis der Amazon-Produkte integriert. Wo genau, ist schwer zu sagen. Es könnte sein, dass die Provision von 10 Euro auf sehr, sehr viele Produkte verteilt wird und 1000 Produkte um 1 Cent erhöht werden. Die 10 Euro können auch auf ein einzelnes Produkt aufgeschlagen werden (eher unwahrscheinlich). Wir Kunden wissen nicht genau, wo im Hintergrund die Provisionen für Werbung auf die Produkte aufgeschlagen werden. Um das "wo" zu erfahren, müssten wir Einblick in die Kostenkalkulation von Amazon bekommen.
Wir wissen bei einem Versicherungsvertreter an der Haustür oder bei einem sogenannten "Berater" bei der Bank nicht, wo genau seine Provisionen auf die Versicherungs- oder Bankprodukte aufgeschlagen werden (das ist "Bankgeheimnis"). Eins ist aber sicher: Alle Kosten für die Gehälter (und Provisionen) werden garantiert und hundertprozentig auf die Versicherungen und Bankprodukte aufgeschlagen, denn woher soll das Geld denn kommen? Der Kunde trägt am Ende alle Kosten.
Der Gründer der Drogeriekette "dm" Prof. Götz Werner fasste diesen Punkt in einem Vortrag mal sinngemäß so zusammen: "Der Kunde zahlt alles". Ihr findet den Vortrag auf YouTube unter dem Namen Der archimedische Punkt - Götz Werner in Bern (ab Minute 17:30). Götz Werner erklärt dort, dass alle Unternehmens-Steuern in den Preis der Produkte integriert werden und wenn Unternehmen mehr Steuern zahlen sollen, diese Steuern einfach in die Preise verkalkuliert werden und damit Unternehmenssteuererhöhungen immer Endkundenpreiserhöhungen sind.
Man nehme z. B. die Maut-Kosten für LKWs durch Toll-Collect. Diese Maut-Kosten tragen nicht die Spediteure, sondern diese reichen sie weiter und schlagen sie auf die Preise für ihre Kunden auf. Die Maut-Kosten für LKWs von EDEKA landen am Ende in den Jogurts und Melonen des Endkunden im Supermarkt. Gleichzeitig gibt es an der Tankstelle eine Steuersenkung für LKW-Diesel, diese Senkung wird auch an die Kunden weitergegeben. Hier Erhöhung, da Senkung. Statt einfach alle Vergünstigungen und Erhöhungen zu streichen, entsteht ein irrsinnig kompliziertes Steuer- und Abgabensystem, bei dem jeder ein paar Vorteile und jeder ein paar Nachteile hat [3], aber deswegen nicht insgesamt "mehr" Steuern eingenommen werden - und am Ende werden sowieso alle "Unternehmenssteuern" zu "Endkundensteuern". Alle Steuererhöhungen und Steuersenkungen für Unternehmen landen, gegeneinander verrechnet, als Summe im Preis der Produkte für den Endkunden. Auch im Bereich Bauwesen landen am Ende alle Mehr-Kosten, z. B. für gesetzlich vorgeschriebene Wärmedämmung oder eine Erhöhung der Grundsteuer usw., beim Endkunden, d. h. die Miete wird höher. Der Mieter zahlt alles. Oder man nehme einen Fußballverein in der Bundesliga. Die Kosten für einen Fußballer, dem in Vertragsverhandlungen mehr Gehalt gezahlt werden soll, müssen irgendwo in die Ticketpreise oder Bierpreise "integriert" werden oder es muss "irgendeine andere Quelle" gefunden werden, das kann auch ein Kredit sein, aber auch der muss zurückgezahlt werden und die Kosten für Tilgung und Zins müssen irgendwie in die Preise der Stadioncurrywurst verkalkuliert werden. Der "Fan" zahlt alles. Auch Aldi, die nie TV-Werbung gemacht haben, müssen die Kosten für Werbung in ihre Produkte integrieren, d. h. Aldi ist, seit sie Fernsehwerbung (2016) machen, ein kleines bisschen teurer geworden. Wenn ein Unternehmen, welches Proteinpulver verkauft, viel Geld für Influencer-Werbung ausgibt, müssen diese Mehr-Kosten auf die Preise des Proteinpulvers aufgeschlagen werden.
Wer also behauptet "Meine Provision kostet euch nichts", der meint eigentlich folgendes:
1. Ich halte euch für das, was man im Allgemeinen "dumm" nennt (und hoffe ihr merkt es nicht).
2. Ich mache mit euch das, was man im Allgemeinen "verarschen" nennt (und hoffe ihr merkt es nicht).
3. Mir ist alles egal, wichtig ist nur, dass die Provisionskohle reinkommt.
Mit freundlichem Gruß
Stephan Goldammer
[1] Hier drei konkrete Beispiele:
Bei YouTube gibt es den Handwerker-Tutorial Kanal "ProofWood" und dort steht unter den YouTube-Videos folgender Text (Original-Zitat):
"Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Links sind sogenannte Affiliate-Links. Wenn du auf so einen Affiliate-Link klickst und über diesen Link einkaufst, bekomme ich von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter eine Provision. Für dich verändert sich der Preis nicht."
Bei der Zeitschrift FAZ findet ihr Online den F.A.Z. Kaufkompass und in der Rubrik "Über Uns" unter dem ausklappbaren Reiter "Wie finanziert sich der F.A.Z. Kaufkompass?" steht folgender Text (Original-Zitat):
"Wir finanzieren uns über sogenannte Affiliate-Links zu Online-Shops. Diese Affiliate-Links sind mit einem [Warenkorb-Symbol] markiert. Klicken Sie auf einen solchen Link zu einem Online-Shop und kaufen Sie anschließend ein Produkt, erhält der Verlag – niemals der testende Autor – eine kleine Provision. Für Sie ist der Kauf dadurch nicht teurer."
Bei YouTube findet ihr auf dem Kanal von Sophia Thiel unter den Videos folgenden Text (Original-Zitat):
"Die mit * gekennzeichneten Links sind Affiliate Links, die zum Partnerprogramm von Amazon gehören. Solltet ihr etwas über diese Links kaufen, bekomme ich eine Vermittlungsprovision, natürlich ohne dass ihr dafür mehr bezahlen müsst."
[2] Der einzige Bayern-Spieler, der keine Kosten verursacht, ist Lothar Matthäus. Diesem wurde bei der Geburt versehentlich das Gewissen entfernt und so konnte er frei und fröhlich 2011 bei einem Benefiz-Fußballspiel für den Diktator und Menschenschlächter Demokratieliebhaber und Menschenfreund Ramsan Kadyrow in Tschetschenien/Grosny mitspielen. Während alle anderen Teilnehmer (Giovane Elber, Romario, Ruud Gullit usw.) offenbar eine sehr gute Gage bekommen haben, weiß er von nichts. Aufgrund dieser finanziellen Vergesslichkeit konnte sich Kadyrow mit der eingesparten Gage endlich einen Demokratiebus kaufen, freie Wahlen abhalten und sich am Ukrainekrieg völkerrechtswidrig beteiligen seine Arztrechnungen bezahlen.
[3] Dieses (scheinbar) gute Gefühl bei Steuervorteilen hat der Bundesverfassungsgericht-Richter und Steuervereinfachungsexperte Prof. Paul Kirchhof in einem Vortrag pointiert zusammengefasst: "Du hast drei Privilegien, dein Freund hat zehn, dein Konkurrent hat zwanzig und dein Feind hat vierzig Privilegien." (zu finden auf YouTube unter dem Namen Vortrag von Professor Kirchhof beim Bund der Steuerzahler NRW ab Minute 22:00)