Ihr hattet eure Chance. Jetzt sind wir dran.

Schlussstrich

Ich ziehe einen Schlussstrich unter mein politisches Engagement. Es hat keinen Zweck, ständig gegen den Unsinn da draußen anzukommentieren und anzureden. Ich habe mich während meiner Zeit als Feldwebel und später als Offizier sehr für Politik interessiert, habe alles verschlungen was mir in die Finger kam, habe mich mit sehr vielen Themen näher befasst, habe jahrelang die Zeit am Wochenende und nach Dienst zur Recherche genutzt, es ist auch mal an der Offizierschule ein Bestpreis für politische Bildung herausgesprungen. Und was nützt es? Nichts! Hätte ich zehn Jahre rund um die Uhr World of Warcraft gezockt, es wäre das gleiche Ergebnis. Ich bin es leid, mich über die Widersprüche in den Argumentationen von Journalisten, Politikern, Wirtschaftswissenschaftlern, Bloggern, Nazis, Päpsten, Talkshowgästen, Komikern usw. aufzuregen. Das Internet wird vollgespammt mit dürren Analysen und einem dicken Brei aus Emotionen. Dies wirkt auch in Zeitungen und Bücher hinein. Es wäre zwar leicht zu zeigen, dass heute nicht die Lüge, sondern die Themen-Irrelevanz das Hauptproblem der Medien ist, aber ich lasse es, denn es bringt nichts. Jeder ist selbst verantwortlich für die heiße Luft, die aus seinem Mund kommt. Selbst ein Sascha Lobo, der jede Woche auf Spiegel-Online mehr Leute in seinem Kommentar erreicht als ich in meinem ganzen Leben, bewirkt: Nichts.

Wie oft sollen noch personenzentrierte Wahlkämpfe geführt werden? Jeder Pups von Trump wurde kommentiert, Sachthemen Fehlanzeige, höchstens mal eingebaut in einen Pups. Über Sachthemen wird in Deutschland nur aus Versehen geredet. Man stelle sich vor, in Deutschland würde der Sohn von Angela Merkel auch Kanzler. Das würden wir für ein mieses, undemokratisches Hinterzimmergeschacher halten. In Amerikas Familiendynastien ist das normal, Bush Vater und Sohn, Clinton Frau und Mann, Kennedy & Co. Auch in Deutschland gibt es diese klebhaften Spitzenpolitikerclans. Wie lange sehen wir Schäuble, Steinmeier & Co. schon im Fernsehen? Sie sitzen wie einbetoniert in ihren Sesseln. Die jüngere Leute kannten doch nur Königin Merkel, die ewige Kanzlerin, 16 lange Jahre auf dem Thron, genauso lange wie Napoleon. Ihr Spezialgebiet: Stillstand, Verkomplizierung und Anrühren von Beton. Alle vier Jahre dasselbe Personentheater, wir wählen austauschbare Sprechblasenpuppen. Der Mensch will eben nicht belehrt werden, er will unterhalten werden. Deshalb liest auch keiner meine Website, zu oberlehrerhaft, zu unlustig, Familienphotos hat er auch keine, ganz zu Schweigen von seiner unpräsidial schlechten Kommasetzung. Ausserdem muss ich mich bei der Google-Suche gegen harte Website-Konkurrenz durchsetzen. Ein Zahnarzt und ein Judomeister stehen noch über mir. Meine Freunde haben mich aber mit folgender Sichtweise getröstet: Der Judomeister haut dir die Zähne raus und der Zahnarzt setzt sie dir wieder ein.

Seit ca. 20 Jahren lese ich im Internet die Kommentare. Bei YouTube, auf Blogs, Zeitungen, Foren, bei Amazon usw. Auf Spiegel Online sind das früher häufig 500 Kommentare unter einem Artikel gewesen, meist sachlich und (alle zusammen) oft viel informativer und besser als der Artikel selbst. Bei Wikipedia liegt z. B. hinter jedem Artikel noch eine Diskussionsseite, die oft interessanter ist als der eigentliche Artikel. Fast wie ein Süchtiger, fast wie ein Autist habe ich Kommentare aufgesogen, zu allen möglichen Themen. 20 Jahre lang (mach ich nicht mehr, bin geheilt). Egal ob Esoterik oder Wissenschaft, ob Politik links oder rechts, ich wollte immer alle Meinungen hören, auch und vor allem von den Bekloppten. Da ich sehr schnell lesen kann, schaffe ich locker bis zu 1000 am Tag, an Wochenenden deutlich mehr, dies sind in einem Jahr ca. 100.000 Kommentare, in 20 Jahren also ca. zwei Millionen (grobe Schätzung, ich habe darüber nicht Buch geführt). Daraus speist sich mein Wissen darüber, was und wie Menschen denken. Es ist absolut ausgeschlossen im realen Leben an so viele Meinungen heranzukommen. Ich kann auch kaum noch im realen Leben mit jemandem politisch-sachbezogen reden, da er nicht die ganzen Querverästelungen und Minidifferenzen und Bedenke-dies-Bedenke-das gesehen, gedacht oder gehört hat. Ich denke sofort, hey bei deiner Meinung hast du dieses und jenes nicht mit dem und dem abgeglichen usw. Daher rede ich im Realen kaum noch über Sachthemen, denn der Gegenüber will meist nur ein bisschen plaudern. Daher auch die Website. Hier habe ich einen abgekapselten Raum und bin gleichzeitig öffentlich. Immer war und bin ich auf der Suche nach einer allumfassenden, endgültigen Lösung gewesen. Diese Lösung glaube ich gefunden zu haben.


Lösung

Die Lösung ist: Wir schreiben alle zusammen eine neue Verfassung. Klingt total verrückt, ist aber meines Erachtens der einzige Weg, um den verbalen und realen Unfug zu beenden bzw. auf ein Minimum herunterzufahren. Man streitet nicht mehr um Personen, sondern um Text, schwarz auf weiß. Olaf Scholz ist doch völlig überfordert, denn jede Einzelperson ist in der Politik überfordert. Daher die Abgabe von Teilverantwortung an alle. Mir geht mein eigenes Geschreibe (Gejammer?) schon längere Zeit selbst auf die Nerven. Weil du als One-Man-Show, trotz richtiger Analyse, politisch rein gar nichts erreichst. Der "gute König", der endlich alles "gut" macht, an dem haben sich schon viele versucht, aber den gibt es nicht. Kein Obama, kein Gandhi, kein Nelson Mandela. Wie viele Hoffnungen hat man in Obama gesteckt - und was war? Immer noch Guantanamo, immer noch Kriege, immer noch Ungleichheit. Wenn Obama so gut ist, warum kam dann Trump nach ihm? Ich finde Obama ist eine superstarke Persönlichkeit, ich mag ihn, eine ehrliche Haut, aber substanziell verändern konnte auch er nichts.

Mein historisches "Vorbild" ist die Einführung des Grundgesetzes durch die westlichen Alliierten, in Kooperation mit der deutschen Führung. Die Amerikaner haben uns ein Grundgesetz gegeben, das mindestens ebenbürtig mit ihrer eigenen Verfassung ist, wenn nicht sogar besser. Aus der gesetzlichen Horrorwelt der Nazis wurde ein grund-gesetzlicher Traum. Aber das Grundgesetz wurde nicht vom Volk ausgearbeitet, sondern vom parlamentarischen Rat und es musste von den alliierten Militärgouverneuren abgesegnet werden. Kein Bürger konnte sich damals für oder gegen das Grundgesetz entscheiden. Wir haben westliches Glück gehabt, abstimmen konnten wir nicht. Heute würde ich vorschlagen, dies über eine Art staatliches Wikipediaprojekt zu machen. Zeitansatz: 10 bis 20 Jahre. Alle schreiben Online am Text der neuen Verfassung. Konkreter: Jeder Bürger in Deutschland erhält einen staatlichen Account, einmal mit Namen und einmal Anonym. Dann werden alle Gesetze, Verordnungen, Verfassung etc. hochgeladen und gemeinsam diskutiert, bearbeitet, verbessert usw. Jeder darf an allem mitschreiben. Gleichzeitig wird auch die Mittelverteilung offengelegt ("Haushaltsplan") und auch hier können dann alle Bürger mitdiskutieren und mitbestimmen über Steuersätze, Rentenhöhe etc. Es ist die ultimative Demokratie. Die bisherige historisch-demokratische Entwicklung wird damit konsequent zu Ende gedacht. Dank des technischen Vernetzungshilfsmittel "Internet" ist dies heute möglich. Es wäre die direkteste aller direkten Demokratien. Langfristig sollte auch die weltweite Verfassung, die UN-Verfassung (inklusive einer Reform des UN-Sicherheitsrates usw.), von allen Menschen gemeinsam geschrieben werden und damit all dieses Kriegsschlamassel etc. beendet werden. Das wird natürlich ein Riesenprojekt, eines der größten weltweiten Projekte die es je gab, aber irgendwo muss man anfangen. Verfassungen sind im Laufe der Jahrhunderte weltweit immer wieder verworfen, erneuert, verändert usw. worden. Es ist ungewohnt, weil es relativ selten passiert, und dass auch noch alle mitschreiben dürfen, ist noch ungewohnter. Trotzdem denke ich, dass es in hundert Jahren das Normalste der Welt sein wird, dass alle Bürger die Verfassung und Gesetze selber schreiben, weil es eine vollkommen logische Fortsetzung des Demokratiegedankens ist.

Die Begründung für das Projekt liegt in dem Schaffen eines Rechtssystems, das uns so viel wie möglich Bürokratie, Unsinn, Unfairness, Unlogik, Unfreiheit, Unwissenheit usw. erspart. Es gibt so viele Dinge über die man sprechen könnte, all die aufgeweichten Artikel des Grundgesetzes, nebst angeschlossener Gesetze und Paragraphen. All die Kompliziertheit und Unsicherheit, die sich über die Jahre eingeschlichen hat.

Ich bin es leid, den siebenundachtzigtausendtrillionsten Bundestags-Untersuchungsausschuss zu sehen, der doch nichts ändert. Ich bin es leid, Sonntagsreden des Bundespräsidenten zu hören. Ich bin es leid, einer Multimillionärin Frau Schickedanz zuzuhören, wie sie bald in Hartz4-Verhältnissen leben muss. Ich bin es leid, mir die wirklich guten Auftritte von Politik-Kabarettist Volker Pispers anzusehen, denn es ändert nichts. Ich bin es leid, von dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post Klaus Zumwinkel die Moralansprachen an seine Mitarbeiter zu hören und dann ergeht Haftbefehl wegen Steuerhinterziehung. Ich bin es leid, von einen Volkswagen-Vorstand zu hören, man hätte von Diesel-Manipulationen nie etwas gewusst. Ich bin es leid, von Facebook und Marc Zuckerberg ausweichende Antworten zu Datensammelei und Datenweitergabe zu bekommen. Ich bin es leid, von NSA & Co. (nur zu meinem besten natürlich) bespioniert zu werden. Ich bin es leid, dass der verurteilte Veruntreuer in Millionenhöhe Peter Hartz, Namensgeber eines Konzept für arbeitslose Menschen wird. Ich bin es leid, einen bayerischen Fußballpräsidenten und verurteiltem Steuerhinterzieher in Millionenhöhe wenige Monate später wieder in Amt und Würden zu sehen. Ich bin es leid, mich über Aufsichtsräte aufzuregen, die lieber weggucken als hingucken (Wegguckrat müsste es heißen). Ich bin es leid, dass sinnlose Gewalt gegen Polizisten und Rettungskräfte stattfindet. Ich bin es leid, dass man bald zu Fuß über den Ozean von Alaska nach Russland gehen kann, weil der Plastikmüll im Pazifik sich so hoch stapelt. Ich bin es leid, mich über Wirtschaftsprüfer aufzuregen, die Wirecard-Bilanzen durchgewunken haben. Ich bin es leid, dass in einer Marktwirtschaft Landesbanken, Karstadt und alle großen systemrelevanten Verzocker "gerettet" werden. Ich bin es leid, dass manche ein Milliardenvermögen erben und der Großteil bei Null beginnt. Ich bin es leid, wütend zu sein, denn es ändert nichts. Jeder Aufreger, jeder Frust, aber auch jedes Engagement verpufft. Die abertausenden Frustreden am Stammtisch, sie verpuffen. Die abertausenden Kommentarspalten, sie verpuffen. Nichts ändert sich, bis auf ein bißchen Kosmetik hier und da. So geht es nicht weiter.


Personenzentriertheit

Die Personenzentriertheit von Medien und Politik zeigt nur, dass Personenzentriertheit uns nicht weiterbringt. Immer wieder wählen wir Leute, die bewiesen haben, dass sie nicht zur Vereinfachung fähig sind, die alles ins Absurde verkomplizieren, das Steuersystem, das Sozialsystem, sogar unser Kredit- und Haftungssystem. Der Thinktank Bundestag schafft es nicht, jetzt muss es der Thinktank Germany richten. Ist das Konzept einer GEZ noch zeitgemäß oder intern widersprüchlich? Gehört das Konzept Religion noch ins Grundgesetz? Religionen, die sich wichtig machen, aber über Jahrtausende ihre stümperhafte Inkompetenz in ethischen und moralischen Fragen bewiesen haben. Religionsausläufer wie der Islamismus, die sich wichtig machen, aber durch ihre Brutalität und Hass ihr eigenes Ende erzeugen werden. Einige Religionsanführer bekommen die Aufmerksamkeit des gesamten Westens und sind doch nur Kriminelle. Warum wird die Kirche immer noch steuerlich bevorteilt im Grundgesetz (Art. 140 GG)? Weil sie Gutes tut? Dann könnten wir auch das Rote-Kreuz reinschreiben und für sie staatlich die Steuer einziehen lassen. Oder ein Boris Becker, der sich dem Insolvenzverfahren durch diplomatische Immunität entziehen will. Oder Tour-de-France Profis, die erst nach Ablauf der Verjährungsfristen ihr Doping zugeben (aber die Namen der Hintermänner nicht nennen). Schwerstreiche Fußballprofis, die in Millionenhöhe Steuern hinterziehen und mit lächerlichen Bewährungstrafen davonkommen. Ein Trump, der sich bei Verurteilung selbst begnadigen will. Redakteure, die auf Satiremeldungen (Postillon, Titanic etc.) oder Relotius, Kujau & Co. hereinfallen. Dr. Hauke Janssen von der Spiegel-Prüfstelle sagt: "Wir glauben erstmal gar nichts." Wie viel ist ihm wohl vor Relotius schon durch die Lappen gegangen? Hat NSA-Direktor Paul Nakasone schon unser Grundgesetz gelesen? Dort steht: Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich - und heute wird unser kompletter Datenverkehr mitgelesen bzw. keiner weiß was gelesen wird und was nicht. Eine Realität, die 180 Grad verdreht dem Kerngedanken des Grundgesetzes widerspricht. Aber was soll man ändern, fragt sich der Bürger. Wer ist schuld? Das System? Die Personen? Fehlt "das Bewusstsein"?

Als Offizier der Bundeswehr lernst du, nicht für die Person Angela Merkel in den kriegsähnlichen Einsatz zu gehen und dein Leben aufs Spiel zu setzen, sondern für Werte, für den Geist des Grundgesetzes bzw. der Verfassung. Aber wozu soll man heute noch seinen Kopf hinhalten? Für diese ganz offensichtliche Misere und das ganze Politikschlamassel? Viele Soldaten fragen sich das, keiner ist so dumm, egal welcher Dienstgrad, all die Widersprüche nicht zu sehen. Wofür sind die deutschen Soldaten in Afghanistan gefallen oder verwundet worden? Ein kläglicher Abzug, viele dort im Stich gelassen und die Taliban an der Macht. Was ist mit ewigen Themen wie Sommerzeit und Winterzeit? Was ist mit Themen wie Genitalverstümmelung von Frauen weltweit? Wollen wir den Tätern nicht endlich mal die Eier langziehen? Wollen wir uns weiter über Lächerlichkeiten wie das Kirchenrecht amüsieren ("Macht euch keine Sorgen, den Täter werden wir intern nach Kirchenrecht verurteilen"). Tagein, Tagaus wird uns gesagt, wählen gehen ist ganz wichtig. Als die AfD auftaucht, möchte Herr Altmaier auf einmal nicht mehr, dass wir wählen gehen, wenn wir das Kreuz bei der AfD setzen. Dieses Verdrehen und Verbiegen von demokratischen Grundsätzen geht mir richtig gegen den Strich. Aber gegen Altmaier anzuschreiben - es bringt nichts. Gegen Altmaier anzuwitzeln - es bringt nichts. Gegen Altmaier anzuanalysieren - es bringt nichts. Oder ein Kanzler Schröder, der seinem lupenreinen Kriegstreiber Putin die ewige Treue hält. Ich bin es leid, präzise und sachlich, mit guten empirischen Belegen, mit Logik oder mit vorsichtiger Zurückhaltung zu kommentieren, weil oft nur Brachialquatsch zurückkommt. Ich komme mir vor wie in einem Rettungsboot, das ein Loch hat und einige versuchen ständig ein zweites Loch zu bohren, denn dort würde das Wasser ja wieder rauslaufen. Ich will es dabei belassen, denn Jammern nützt gar nichts.


Falsche Lösungen

Ich bin auf gar keinen Fall mit allen einer Meinung, die gegen das "System" sind. Schon gar nicht bin ich an körperlichen Auseinandersetzungen interessiert. Ich halte klassische Demonstrationen heute für sinnlos. Zum Beispiel ein Dietrich Wagner, der bei einer Stuttgart-21-Demo sein Augenlicht durch Wasserwerfer verloren hat. Trotz großem Schaden an seiner Gesundheit hat er rein gar nichts erreicht. Im Gegenteil. Obwohl Stuttgart einen grünen Oberbürgermeister hat, obwohl Baden-Württemberg eine grüne Regierung hat, obwohl die Grünen immer gegen den Bahnhof waren, wird er trotzdem gebaut. Hinweis: Früher habe ich geglaubt, durch eine irreführende bzw. ungenaue Berichterstattung, dass damals über den Bahnhof Stuttgart-21 mit Ja oder Nein abgestimmt wurde (bei der Volksabstimmung), dass stimmt aber so nicht - es ist komplizierter. Demos sind heute sinnlose Klopperei, Zertrümmern von Geschäften und politisches Kasperletheater zur Selbstdarstellung geworden. Wir-sind-das-Volk Demos, die ich auf DDR-Seite noch erlebt habe, waren wohl die letzten sinnvollen Demos. Klassische Demos sind gut für ausweglose Notfallsituationen, heute braucht man aber viel Nachdenken, Recherche, Vernetzung, Kommunikation - eine Art Internet-Dauer-Demo für Jedermann. Es gibt ja heute mit den Blogs und Kommentarspalten schon Ansätze für Veränderungen, nur münden die im Nichts. Alles verpufft. Wäre doch viel besser, wenn das gebündelte Kommentar-Know-How von 80 Millionen am Ende in bessere Gesetze münden würde.

Wie war es bisher in der Politik (manchmal auch im Unternehmen)? Einer stellt sich vorne hin, sagt "so und so machen wir das" (Hartz, Steuer, Klima, Schule, Bundeswehr usw.) und ich wusste: Jetzt folgt Stillstand und Verkomplizierung. Eine Einzelperson, also beispielsweise ein Bundestagsabgeordneter, ein Minister, ein Kanzler, ist viel, viel leichter von Lobbyisten zu bearbeiten als 80 Millionen Bürger. 700 Leute im Bundestag oder 700 Leute im Europaparlament kann man theoretisch mit vertretbarem Aufwand monetär lobbyieren (und das lobbyieren verschleiern), aber nicht 80 Millionen Deutsche bzw. 450 Millionen Europäer. Die Sogkraft des Kapitals trifft auf nur sehr wenige Entscheider, dies birgt immer Gefahren. Das Kapital ist ja schlau. Über 700 Leute hat es schnell ein Tarnnetz geworfen, aber nicht über 80 Millionen. Drastisch gesagt: 700 Leute kann man kaufen, aber nicht 80 Millionen. Heutige Spitzenpolitiker erhalten hier mal einen Posten, da mal einen Beratervertrag, ein Vortragshonorar, eine Parteispende usw. Zu König- und Kaiserzeiten war es noch einfacher, da konnten sich alle Interessengruppen auf nur eine Person konzentrieren. Selbst wenn man den Grauzonenlobbyismus mal weglässt, eine einzelne Person kann unmöglich die extreme Vielfalt der politischen Interessengruppen unter einen fairen Hut bekommen, es wird am Ende immer ein Gewurschtel, welches dann in immer kompliziertere Gesetze mündet.

Alle Jahre wieder kommen sie, die 100 Unterschriften der Nobelpreisträger, die 100 Unterschriften der Professoren, die 100 Unterschriften der Schriftsteller (ich habe noch nie die 100 Unterschriften der Obdachlosen auf der Titelseite gesehen). Da soll dann wieder was mit dem Euro sein, oder dem Klima, oder dem Krieg, oder dem Was-Weiss-Ich. Muss ich ja gar nicht wissen, die elitären Profis kümmern sich. Wird schon. Ach nee, wird ja nicht! Ein Menschenleben ist zu kurz, bis man die Veräppelung bemerkt, eingelullt in Zeitschriftenpapier, geht man auch schon wieder waagerecht ins Himmelreich. Weil wir auf Narrativspezialisten hereinfallen. Weil uns politische Erzähler ihre Geschichten erzählen, und wir, wie im Roman, zwar zusehen, aber nicht eingreifen können.


Paradigmenwechsel

Thomas Kuhn spricht von einem Paradigmenwechsel in der Wissenschaft, aber erst dann, wenn eine große Alternative, eine neues Paradigma zur Auswahl steht. Das neue Paradigma muss alle Probleme lösen, die auch das Alte lösen konnte und zusätzlich noch bisher ungelöste Probleme. Sonst macht es keinen Sinn es einzuführen. So wie in der Physik das Standardmodell der Kosmologie nicht einfach weggeworfen wird, nur weil die äußere, zu schnelle Bewegung der Galaxien nicht zum Modell passt. Es werden dann Krücken dorthinein erfunden, die dunkle Materie, damit die Berechnungen passen und das alte Paradigma erhalten bleibt. Das neue Physikmodell (das neue Paradigma) müsste alte und neue Probleme gleichzeitig lösen. Das ist extrem schwer und erfordert sehr viel Gehirnschmalz. Da ich, Stephan Goldammer, für meine Bescheidenheit bekannt bin, habe ich nichts weiter als ein neues Politik-Paradigma in der Tasche. Lasst uns das alte Grundgesetz und das neue, online geschriebene Grundgesetz nebeneinanderstellen und die Leute stimmen an der Wahlurne ab, nachdem alle zusammen ca. 10 oder 20 Jahre daran gefeilt haben. Nur mit dem Angebot einer großen Alternative wird es einen Paradigmenwechsel in der Politik geben. Hinweis: Dass ich hier manchmal auf der Website meinen eigenen Namen einfließen lasse, soll eine Art Pschyrembel-Steinlaus Kopierschutz sein.

Überall sehe ich Krücken, weil das alte Paradigma knarzt wie eine Holzplanke auf der Bounty. Im Steuersystem gibt es irrsinnig komplizierte Krücken, im Sozialsystem gibt es irrsinnig unverständliche Krücken, im Schulsystem gibt es Krücken, überall gibt es Krücken. Es gibt Bürokratieabbaugesetze, die alles noch bürokratischer machen, alles nur, damit das Paradigma erhalten bleiben kann. Auch die Bundeswehr, die ich ja 12 Jahre erlebt habe, steckt voll mit Bürokratie. Diese Krücken erhöhen aber den Druck im Kessel, mit Auswüchsen wie Querdenkern, Reichsbürgern, Coronaleugnern, Demonstrantenverkloppern usw. Es gibt kein Ventil, der Frust schlägt in Gewalt (z. B. Kapitolstürmung USA und Reichsbürgerputsch) oder Resignation (die Mehrheit) um, je nach Charakter. Ich würde als ein Übel die vertikale Personenzentriertheit ausmachen, nach dem Motto, "die da oben" werden es schon richten, die Generäle, die Vorstände, der Bundestrainer, der Kanzler, der Papst oder der liebe Gott (also Elon Musk). Sie kriegen es aber nicht hin, daher: Ihr hattet eure Chance. Jetzt sind wir dran.

Was ist das alte Paradigma? Dass einige wenige Profis (gewählte Abgeordnete, Minister etc.) die politischen Gesetze machen. Was ist das neue Paradigma? Dass alle Bürger die politischen Gesetze machen. Inklusive der Geldmittelverteilung, sonst wäre es witzlos. Als Beispiel: Heute macht Gesundheitsminister Karl Lauterbach mit seinen Fachpolitikern und seinen Beratern und Zuarbeitern im Ministerium die Gesetze. Dagegen stehen in Deutschland 500.000 Ärzte und mindestens nochmal so viele Krankenschwestern und Pfleger. Es stehen also ein paar Hundert gegen eine Million. Wer wird es wohl besser machen?


Soziale Plastik

In einem Interview sagt Joseph Beuys, wir Menschen sind doch alle kleine Götter. Genau, und diese kleinen Götter können jetzt Gott spielen, jeder ein bisschen, keiner zuviel, denn jeder hat nur einen Account. Man könnte das Projekt auch als die Soziale Plastik von Beuys sehen, die er sich vielleicht in dieser Form gewünscht hätte, in Prä-Internet-Zeiten aber nicht finden konnte. Sie ist sozial, denn alle machen mit. Sie ist veränderbar und kreativ, also plastisch verformbar. Sie ist lebensrelevant, sie wird von jedem erstellt und wirkt auf jeden zurück. Sie ist in ihrem Kern unsichtbar, denn Gesetze sind geistige Geschöpfe. Sie macht Jeden zum Politiker (nicht: Berufspolitiker), denn Jeder ist ein Künstler (nicht: Berufskünstler). Sie ist gestalterisch, du kannst jedes und alle Gesetze mitgestalten. Leider ist Beuys recht früh gestorben, er wäre heute knapp über hundert Jahre alt. Gerne hätte ich seine Meinung dazu gehört, auch, weil Kunstprofessor Joseph Beuys einfach ein cooler Typ ist. Wie stark ist bitte sein Lied Sonne statt Reagan, seine JaJaJa-NeNeNe Vorlesung oder sein Kunstwerk "Fettstuhl".


Vorübergehender Hinweis: Dieser Artikel erschien in seiner Grobfassung bereits bei mir auf Google+ vor ca. 10 Jahren. Ich glaube das Alter merkt man bei einigen Textzeilen. Google+ war eine Art seriöses Facebook und damals schon so gut wie tot. Fast keiner nutzte es. Ich wollte aber auch nicht auf das überlaufene und überdrehte Facebook. Also löschte ich meine Texte und sie erscheinen nun überarbeitet und aktualisiert hier auf meiner privaten Website. Ist aber alles noch im Aufbau. Wichtig ist mir, dass ich hier die volle Kontrolle über meine Texte, Bilder, Kommentare, Formatierungen, HTML und CSS habe, alles stammt von mir. Google+ fing damals auf einmal an meine Texte verschwinden zu lassen, ohne Ankündigung, einfach so. Auch ganze Foren werden manchmal komplett gelöscht, inklusive aller Beiträge. Soviel Zeit investiert und alles weg. Das passiert mir nicht nochmal. Diese Website ist vollständig privat. Es gibt keine Werbung und auch keine Links nach draussen. Man kann auch nichts anklicken, auch die Kommentare nicht, hehe :-) Für mich ist die Website die Offenlegung meiner Gehirninhalte, ohne direkte Interaktionsmöglichkeit für den Gegenüber. Wie eine Statue, wie ein Text-Kunstwerk, wie ein Buch - kann man sich anschauen, kann man drin blättern, kann man drüber nachdenken. Aufgrund der Komplexität mancher Themen findet die Interaktion über meine zeitgenössischen Kommentatoren statt. So wie die Figuren in Herr der Ringe oder Harry Potter das Salz in der Suppe sind und nicht der Erzähler. Die Figuren beleuchten den Erzähler, nicht umgekehrt. Wer mir doch schreiben will, soll oben meinen Namen aus der Website nehmen (zusammengeschrieben) und ein @ hinterher und ein gmx.de hinterher. Ich hätte Spass daran, für den Rest meines Lebens hier in diesem Stil weiterzuschreiben. Schaun wir mal wohin es führt. Es gibt noch einiges in der Pipeline beim Vizeweltmeister im Ankündigen.


Kommentare

(Bitte beachten Sie, dass Kommentare hier aus Anti-Diskriminierungsgründen auch zeitübergreifend möglich sind. Wir wollen ja keine Epoche und Dimension benachteiligen. Geblockt werden nur Nazis, Spiegel-Redakteure und Xavier Naidoo.)

vor 40 Jahren
Guten Tag, Herr Goldammer. Leider bin ich 1986 schon verstorben, daher jetzt erst mein Kommentar. Meine Bodenstation wurde in der Nordsee verstreut, als Fischfutter für die Seehasen. Ich verrate Ihnen mal was. Von Leuten denen es gut geht, kommt keine Kunst. Nur der Dauerschmerz erzeugt große Kunst. Ich habe keine Schmerzen mehr. Bitte führen Sie mein Werk weiter. Am Fettstuhl hab ich noch etwas vergessen, packen sie doch oben links etwas Margarine drauf, dann passt 's. Ich ernenne sie hiermit zu meinem Meisterschülerfahrradputzer II. Klasse.
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vor 500 Jahren
Ich sehe 2024 den Weltuntergang voraus. Die Kunst ist immer Vorreiter gewesen, wird also mit dem Untergang frühzeitig beginnen und das letze große Kunstwerk, die Zerstörung aller Kunstwerke, einleiten. Ich nenne dies den verengten Kunstbegriff.
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Dies ist eine ultrafrühe Version meiner Website und dient erstmal nur zum Üben und Testen. Es ist trotzdem nur die zweitschlechteste Website im Internet. Die schlechteste ist die von HGich.T. Diese wurde zuletzt 1857 gewartet und steht seitdem als Ruine im Netz. Hauptschuuuuhle!!!